Mittwoch, 26. Mai 2010

Eine Woche Christiania






Die letzte Woche haben wir in Christiania verbracht. Ein circa 34ha großes Gebiet –ursprünglich Gelände des Militärs- Kopenhagens wurde 1972 von rund 20000 Alternativen besetzt und zu einer Freistadt ausgerufen. 900 Einwohner zählt das Dorf heute. Die Kommune agiert basisdemokratisch und weitestgehend unabhängig von der dänischen Regierung: Beispielsweiße ist der Konsum von Cannabis in Christiania, anders als im Rest Dänemarks, legalisiert. Die eigenständig geregelte Mülltrennung, Straßenreinigung und die hervorragende Kinderbetreuung (4 Kindergärten) veranschaulichen die Autonomie des Gebietes. Die Freistadt finanziert ihre Projekte und anfallenden Kosten durch einen gemeinsamen Fond, der zum Großteil für Strom- und Wasserversorgung (jeder in Christiana zahlt gleich viel für Strom und Wasser in den Fond ein), aber eben auch für soziale Vorhaben gedacht ist.

Dieses individualistische Konzept äußert sich auch in der Architektur. Kein Bauamt, dass es verbieten würde ein Haus in UFO-Form zu errichten, oder die gesamte Front des Hauses mit kleinen Fenstern und eingefügten Glastüren zu gestalten.

Da das gesamte Gebiet motorenfrei ist, parkten wir direkt ans Areal angrenzend. Dort standen unzählige andere Wohnmobile, die sicherlich schon länger nicht mehr bewegt wurden –wir fühlten uns sicher (trotz Campingverbot in Dänemark). Wir konnten endlich mal wieder in Ruhe bis Mittag entspannen,lesen, machten uns Cafe und spazierten durch Christiania. Das Gelände ist größtenteils grün, es gibt kaum asphaltierte Wege, in der Mitte ein See. Man könnte glauben, dass man sich in einem kleinen Märchenland aufhält. Der einzige Wehrmutstropfen ist der Müll, den die jährlich rund 1 Million Besucher auf den höher frequentierten Orten hinterlassen.

Im Zentrum befinden sich viele Cafés und Bars, ein vegetarisches Restaurant, ein kleiner Baumarkt und der Supermarkt.

Es wirkte als würde das System ganz gut funktionieren. Natürlich ist die Autonomie eines solchen Gebietes extrem eingeschränkt, aber es war trotzdem überraschend, dass solch positive Zugeständnisse erreicht oder zumindest erkämpft werden können.




Die Überfahrt ins Königreich





Viel Zeit ist vergangen seit dem letzten Blogeintrag…. Nach unserer Rückkehr aus Sankt Petersburg – diesmal hatten wir eine unbequeme Nacht in den 6er Kabinen verbracht (vor unserer Hinreise hatten wir, dank der immerwährenden Helligkeit, zuvor durchgemacht und schliefen um 20h tief und fest ein) – gingen wir zu Fuß den Weg vom Hafen ins Zentrum von Helsinki, das uns nach unserem langen Aufenthalt schon recht vertraut war. Es war frühmorgens, ein Feiertag und die Straßen nebelverhangen und menschenleer. Im Zentrum kam uns eine Menschengruppe entgegen, wiedermal trugen alle ihr weißes Käppchen und machten anlässlich Christi Himmelfahrt einen Umzug durch die Stadt. Unser Auto hatten wir am Stadtrand von Helsinki geparkt und mussten den Weg mit der U-Bahn, die unseres Erachtens eigentlich eine Schnellbahn war, zurücklegen. Zuvor hatten wir noch die beiden Sportler getroffen. Das Auto ist so schnell angesprungen, wie lange zuvor nicht und hat sich anscheinend über unsere Rückkehr gefreut. Bis unsere Fähre nach Stockholm startete hatten wir noch fünf Stunden, die wir damit verbrachten unseren Blog zu aktualisieren und Essen aufzutreiben.

Um 19h startete die Fähre. Die ersten Freuden erlebten wir beim Check-in. Wir hatten zuvor ein kleines Upgrade bei den Kabinen durchführen lassen – nicht mehr die billigste Kategorie unter dem Autodeck, wie auf der russischen Fähre, sondern um 16 Eur eine bessere Kategorie – und uns wurden Kabinen auf Deck 9, was ziemlich hoch oben ist, zugeteilt. Gleichzeitig mit den Boardingcards wurde uns ein Programmheft mit dem Angebot der Fähre ausgehändigt. Der Inhalt bescheinigte uns hier auf dem ersten Dampfer unserer Reise gelandet zu sein, der dem Kreuzfahrtflair zumindest nacheifert. Ich spreche hier von einer Ausstattung, die sich wie der müde Traum einer jeden Familie anhört, in der Zuhause zu viel Zeit damit verbracht wird in hochglanzpolierten Magazine den Society-Teil zu lesen: die obligatorische Einkaufspassage mit Bars und Läden, ein Casino – in Finnland sehr beliebt oder auch einfach nur nicht kriminalisiert (ich weiß es nicht) sind Spielautomaten - ein Wellnessbereich mit Sauna und verglastem Schwimmbad am obersten Deck , eine Bar für gediegenes, eine Disko und Playstationspielhalle für junges Publikum. Ich war natürlich begeistert auf so einem interessanten Schiff gelandet zu sein – die anderen Fähren hatten gar kein Programm. Mit einem Gläschen Sekt zum Einstand um 6 EUR (kleine Flasche und Plastikglas) winkten wir Helsinki „Baba“ und machten uns auf den Weg das Schiff zu erkunden. Anscheinend sind Fähren eine der letzten Bastionen, die bisher nicht vom legeren Wind der Zeit umweht werden. Die Preise sind horrend, die Leute, wenn auch nicht immer gut, so durchwegs ordentlich gekleidet und es wird krampfhaft versucht eine Art Aura des Luxus zu entfachen, die zumindest den flüchtigen Blick überdauern und ihm standhalten soll. In der Disko tummelten sich junge Mädchen und Jungs, die darauf bedacht waren besonders cool auszusehen, auch eine Männergruppe und zwei Singlefrauen in ähnlichem Alter fanden sich, die Männer wagten aber keine Annäherungsversuche –niemand wollte sich vor den acht anderen blamieren - und so blieb es bei einem kurzen Paarungstanz. Nebenan saßen die jüngeren Buben, die sich noch nicht für Diskomädels zu interessieren schienen und spielten mit der Playstation. Kein einziges Mädchen war darunter, nur ein geduldiger Vater, der gelangweilt und milde lächelnd auf seinen Sohn wartete. Die interessanten Spiele waren nicht mehr frei und würden die restliche Nacht wahrscheinlich nicht mehr frei werden. Der Wellnessbereich war teuer (8 EUR), klein und übervölkert. In der unteren Bar ging es romantischer zu, ältere Ehepaare schunkelten zu Evergreens und die wilden Paare tanzten sogar zu Cher. So schlängelten wir uns durch die kleine Dampferstadt, sahen eine schöne Eröffnungsseiltanzshow und landeten ein paar Stunden später bei der Mitternachtseinlage, die erfreulicherweise eine Travestie-Show war. Danach zogen wir uns in unsere kleine 2er Kabine zurück und schliefen zu den dröhnenden Bässen der Disko ein.

In Stockholm angekommen wurde vom Zoll als erstes eine Alkoholkontrolle durchgeführt. „Um die ganzen Russen auszusortieren, die gestern auf der Fähre zuviel gesoffen haben“, sagte mein Freund lachend. Wir durften unbehelligt weiterfahren. Stockholm ist eine sehr schöne Königsstadt und hat eine hinreißende Architektur. Am Hafen sind viele Hausboote vor Anker und die verschiedenen Ebenen, auf denen die Straßen im Zentrum verlaufen, bringen Fahrvergnügen. Das Parken ist sehr teuer, aber da wir nur einen Tag hier bleiben wollten, nahmen wir das in Kauf und fuhren dazu nicht an den Stadtrand. Bei Kaffee und Kuchen lernten wir den Konflikt, den die Finnen mit den Schweden austragen, besser verstehen, stand doch auf der Speisekarte eine Selbsthuldigung von Stockholm als der wahren und einzigen Hauptstadt Skandinaviens mitsamt einer Auflistung diffuser Gründe, die diesen Anspruch untermauern sollten (wie zum Beispiel ein gut funktionierendes Straßennetz). Trotzdem hat mir Stockholm im Vergleich zu Helsinki besser gefallen. Die Stadt ist größer und sehr anmutig und die Menschen waren bunter und individueller gekleidet. Wir passierten einen wunderschön blühenden Park, indem viele Familien verweilten und irgendwie schien es an diesem Tag als wäre ganz Stockholm voll von Kindern. Ob dies nur ein individueller Eindruck war oder tatsächlich auf die intelligente Kinderpolitik zurückzuführen ist, wurde bisher noch nicht recherchiert und bleibt daher an dieser Stelle ungelöst.

Gegenstimmen gibt es aber anscheinend auch hier und so hatte eine Gruppe Andersgesinnter mit grünen Clown-nasen, die mit übererregter Stimme ihr Anliegen den Sozialstaat zu kürzen in Bars vortrugen, zwar das richtige Outfit gewählt, aber das war´s dann auch schon.

Allgemein ist zu sagen, dass ich mich, als großer Fan des Südens, hier in Skandinavien sehr wohl gefühlt habe. Von der angeblichen Kühle der Menschen im Norden habe ich nichts gemerkt. Im Gegenteil scheint es als wären die Leute ausgeglichener, in sich ruhend und deswegen vielleicht allgemein ruhiger, aber jederzeit zur Kontaktaufnahme bereit. Auch die Offenheit und Vorurteilslosigkeit gegenüber Fremden, die ich hier erlebt habe, ist bemerkenswert. Auf Äußerlichkeiten wird vielleicht bei sich selbst wertgelegt, nicht aber bei der Beurteilung Anderer. Ich hatte das Gefühl, dass die Menschen hier rücksichtsvoller sind als in Österreich, sei es beim Autofahren oder bei anderen zwischenmenschlichen Begegnungen. Die Eltern sind geduldig und ruhig mit ihren Kindern. Als ich einer Frau mit Kinderwagen die Tür aufgehalten habe, war ich kurz vor den Kopf gestoßen, da sich diese bei mir nicht einmal bedankte. (Und auch jetzt schreibe ich „nicht einmal“! Was soll sie den sonst noch alles tun?) Für Wiener Mütter ist es ja üblich sich aus falscher Verpflichtung in einer Dankestirade zu ergießen, wenn man sie nicht beim Einsteigen weggerammt hat oder gar gnädigster Weise die Tür aufhält. Hier nicht einmal ein Wort. Da wird dann schon mal kurz am Ego gekratzt „jetzt war ich so freundlich und dann – werde ich nicht einmal belohnt“… und nach weiterer Beobachtung und anderen Situationen stelle ich fest: niemand bedankt sich, weil es hier offensichtlich völlig normal ist, sich nicht wie ein rücksichtsloser Arsch zu verhalten und deswegen keine Orden vergeben werden.

Ich will nicht verallgemeinern und die nordische Klarheit kann (auch optisch) anstrengend sein, weil manchmal das Ungeordnete, Bunte, Schräge fehlt, aber dies war mein Eindruck und - wie bereits gesagt - habe ich mich hier sehr wohl gefühlt.

Auf der Fahrt von Stockholm nach Kopenhagen konnten wir die liebliche, südschwedische Landschaft bewundern. Weiter im Norden ist sie rauer, gleich Finnland und viele Nadelbäume säumen die steinigen, moosbewachsenen Ebenen und Hügel. Man weiß sofort warum hier die Trolle leben. Nun wurde alles wieder gewohnter. Saftige Wiesen und viele Schwarz-weiß gefleckte Kuhherden. Plötzlich unser langersehnter Elch am eingezäunten Straßenrand – leider ohne Geweih J Mit einem nächtlichen Zwischenstopp passierten wir Schweden und den kleineren Vättern See und befuhren eine hohe Brücke übers Meer nach Dänemark, um noch am selben Tag in Kopenhagen anzukommen.

Donnerstag, 13. Mai 2010

Geplante Route

White Nights



Sonnenuntergang um 22h - auf der Fähre von St.Petersburg nach Helsinki.





St. Petersburg

Um 19 Uhr wurden wir auf der Princess Mary durch ein Geige und Gitarre spielendes Duo, am vierten Deck, willkommen geheißen. Unser Ziel war das zweite Deck unter den Autos; also dort wo das Wasser zuerst einbricht und die Schleusen im Notfall den Rest vom Schiff trennen. Die St. Peter Line kaufte ein ausrangiertes Schiff der DSDF Fährgesellschaft, welche unter anderem zwischen Amsterdam und Newcastle verkehrt, das anscheinend nicht mehr den europäischen, sehr wohl aber dem russischen Standard genügt. An Board der Fähre gab es die üblichen Konsumdecks, einen „Supermarkt“ mit jeder Menge Alkohol und Kleidung, ein a la carte Restaurant, ein Buffet und ein Kasino.

Zum zweiten Stock: Die Vierer-Kabinen, in denen weibliche und männliche Fährgäste getrennt voneinander untergebracht sind, waren ok –ähnlich den Schlafkabinen in Zügen. In jeder Kabine gab es eine eigene Toilette und Dusche. In meiner Kabine waren wir zu dritt. Mit mir reisten zwei Kubaner, die vor fünfzehn Jahren in die USA (Miami) geflüchtet waren und zu der Weltmeisterschaft in Taekwondo für körperlich Benachteiligte unterwegs waren. Sie mussten die Anreise selbst bezahlen –nur das Hotel wurde vom Verband, der erst seit kurzem besteht, bezahlt. Da ich am Vorabend nur wenig geschlafen hatte, ging ich relativ früh zu Bett und wurde am Morgen von den beiden Mitreisenden geweckt.

Die Einreise nach Russland funktionierte relativ reibungslos. Mein Pass, der schon etwas mitgenommen ist –weil mitgewaschen und dummerweise vor Reisebeginn nicht erneuert- wurde zwar sehr genau begutachtet, aber nach ca. 10 min. waren wir mit unserer Migrantenkarte ausgestattet und durften die Grenze überschreiten.

Vorm Hafen warteten wir auf das Eintreffen des City-Tour Buses, der seinen Namen allerdings nicht verdient hat; vielmehr ist es der Transport vom Hafen in die Innenstadt und wurde uns von der russischen Regierung für 15 EUR als Visa-Bedingung aufs Auge gedrückt.

Die Innenstadt war noch mit Fahnen und Plakaten der Feierlichkeiten des 9.Mai (der Sieg über Hitlerdeutschland –man hörte von den Feierlichkeiten in Moskau) geschmückt und schon bei der Einreise sehr imposant, riesige klassizistische Gebäude und Denkmäler, vergoldete Dächer, der Nationalstolz dieser Nation ist allgegenwärtig; sogar die U-Bahnstationen sind beeindruckend ausgestaltet, mit Gold verziert und eine Besichtigung wert.

Angekommen im Zentrum gingen wir zu unserem Hotel um einzuchecken und unsere Rucksäcke abzulegen. Das Hotel verdient ein außerordentliches Lob. Es war kein klassisches Systemhotel, sondern ein Familienbetrieb. Das Personal war sehr freundlich und bemüht, die Zimmer mit Liebe zum Detail ausgestattet.

Nachdem wir das Hotel bezogen hatten, gingen wir wieder zum Nevski Prospekt - dem Herzen der Stadt. Nach einem kurzem Snack (russische Suppe: Borsch und ein Crepe gefüllt mit Lachs) buchten wir eine richtige Bus-City-Tour, die 2 ½ Stunden dauerte und sehr gut aufgebaut war. Die Hintergrundinfos waren interessant und die Informationsflut wurde durch nette Geschichten aufgelockert.

Anschließend wollten wir die Kirche „Savior Blood“ innen besichtigen, mit der Studentenermäßigung wäre es nicht allzu teuer gewesen - 250 Rubel (etwas mehr wie 5€) - allerdings kamen wir erst knapp nach 18:00 Uhr an und hätten bereits den normalen Preis von 500 Rubel pro Person zahlen müssen, somit haben wir uns gegen den Besuch der Kathedrale entschlossen (die am nächsten Tag leider geschlossen war).

Die Nächte in St. Petersburg werden zu dieser Jahreszeit aufgrund der vielen Sonnenstunden „Weiße Nächte“ genannt. Um 22:30 wird es dann langsam dünkler. Viele der Geschäfte besonders Supermärkte haben rund um die Uhr offen.

Überrascht wurde unser Versuch Traditionelles nachzuahmen aufgenommen; als wir eine Bar aufsuchten, um 4 Stamperl Wodka zu trinken, lächelte man uns verdutzt an, nachdem wir auf die Frage: „Wollt ihr nicht einen zusätzlichen Fruchtsaft?“ mit „Nein“ geantwortet hatten.

Am nächsten Tag wanderten wir durch die Stadt. Die Sonne schien, es war warm und wir beladen. Ich trug einen 5 Liter Kanister (Trinkwasser für die Reise) und den Kleiderschrank meiner Freundin am Rücken, bis wir um 19:00 Uhr wieder auf die Princess Maria eincheckten. Nach Ankunft in Helsinki begegnete ich abermals den beiden Sportlern, welche in der Zwischenzeit die Silber-Medaille gewonnen hatten!

Sonntag, 9. Mai 2010

Wie gehts weiter?

Unsere bis dahin relativ vollständige Reiseplanung sollte in Skandinavien zu Ende gehen. Wir wussten nur, dass wir gerne zum Nordkap fahren würden bzw. zumindest bis nach Lappland und, dass wir bis zur ersten Juni Woche gerne auf der Fähre von Amsterdam nach Newcastle sein wollen. Ausgehend von unserem Mobilitätsbudget für einen Monat machten wir uns also daran die verschiedenen Möglichkeiten, mit unseren finanziellen Mitteln abzugleichen.

Am liebsten wäre uns gewesen Finnland und Schweden mit dem Auto zu bereisen und in Norwegen auf Interrail (schonender fürs Auto - weil gebirgig - und angeblich die schönsten Bahnstrecken Europas) umzusteigen, dies war aber aufgrund der hohen Kosten nicht möglich.

Eine weitere Überlegung war, mit dem Auto zum Nordkapp zu reisen. Man kann erahnen wie es ist wenn die Sonne einfach nicht untergeht. Selbst hier in Helsinki bleibt die ganze Nacht über ein leichter Lichteinfall. Der Nachteil dieser Variante: Es ist arschkalt dort oben –in der Nacht noch Minusgrade - und die Route nimmt viel Zeit in Anspruch.

Nach langer Internetrecherche ergab sich eine dritte Option, seit April ist es möglich für 72 Std. visafrei nach Russland einzureisen –wenn man eine Fährreise + City Bus Tour bucht und die Reservierungsbestätigung eines Hotels vorweist.

Da es sonst relativ schwierig ist Russland zu bereisen und das Angebot sehr günstig ist ( Fähre+City Tour für zwei Personen 150 € Hin-& Rückweg) haben wir uns schlussendlich dafür entschieden. Ganz unabhängig davon ist St. Petersburg eine der schönsten Städte Russlands und Kulturmetropole, weswegen wir uns schon sehr auf diesen City Kurztrip freuen.

Morgen Abend gehts los mit der 13-stündigen Fahrt ins rote Reich. Donnerstag Früh kommen wir wieder in Helsinki an und werden noch am selben Abend mit der Fähre nach Schweden, Stockholm, aufbrechen.

Ausflug aufs Land II


Ausflug aufs Land I





Montag, 3. Mai 2010

Zahnschmerz

Meine Freundin hatte die letzten Tage ziemlich starke Zahnschmerzen, weswegen wir heute zu einem der zahlreichen „Health-Center“ in Helsinki fuhren –Zeit für mich um ein wenig Feldforschung zu betreiben. Diese Zentren vereinen so ziemlich alle Fachrichtungen der Gesundheitsmedizin und so eben auch der Zahnmedizin. Eine – wenn richtig umgesetzt - extrem kosten- und nervensparende Lösung. Vor dem Zahnlabor lagen Preisinformationen für die Patienten auf: Zahnarztbesuch 9€, lokale Betäubung 6.50€, Plombe 12-40€. So kann Gesundheitsvorsorge aussehen -> bei geringeren Ausgaben. Man muss auch anmerken, dass 40€ für die teuerste Plombe schon so günstig erscheinen, aber 40€ für uns Österreicher sind trotzdem bei weitem mehr als für einen Finnen. Meine Freundin zahlte im Endeffekt 22€ für die Behandlung (+Röntgen) und das als Touristin.

Die Lebenserhaltungskosten in Finnland sind für uns kaum erschwinglich, wir leben hier wie Amerikaner, dass einzig leistbare Essen ist Fastfood (wenn man Essen gehen will). Ein Kebab mit Cola kostet zw. 7 und 11€, ein Hauptgericht in einem Restaurant gerne mal 20€ (und damit ist nicht das feine Steak gemeint).

Da wir uns aber meist selbst kochen kommen wir ganz gut aus. Discounter gibt’s hier ebenso wie sonst wo.

Wir haben uns entschlossen mit dem Auto zum Nordkap zu fahren, also werden wir noch mindestens einen Monat in Skandinavien verbringen. Der Hauptgrund war, dass wir die Möglichkeit haben die Mitternachtssonne zu betrachten. Zwar gibt’s leider keine Polarlichter, aber ich find es ähnlich beeindruckend um 24:00 die Sonne am Himmel zu sehen. Ich freu mich schon!

Das verrückte Fest der Finnen



Wir kamen also am 31. April mit der Fähre in Helsinki an. Schon am Hafen entdeckten wir überall junge Leute mit bunten Anzügen, die etwas an Arbeitsanzüge erinnerten und über und über mit Stickern bestickt waren. Fast jeder Mensch auf der Straße trug eine weiße Matrosenkappe, die man in Finnland als Zeichen der abgeschlossenen Matura erhält, überall waren riesige Trauben bunter Luftballons zu sehen. Vappu ist ein großes Fest, das den sozialistischen Inhalt der Arbeiterklasse mit Elementen des Faschings vereint. Es ist auch die Feier des Frühlingsbeginns nach einem langen und harten Winter und von vielen Studenten, aber auch älteren Leuten, wird es ähnlich dem österreichischen Karneval mit reichlich Alkohol begossen und so ist von der angeblichen Verschlossenheit skandinavischer Bürger nicht mehr viel zu merken. Am 31. April um 18h wird traditionsgemäß die Statue Havis Amanda im Zentrum gewaschen – groteskerweise wurde begleitend dazu ein Kettenkarussell mit verkleideten Insassen inklusive angeschnallter Skier per Kran in die Luft gehievt – und anschließend mit dem bereits erwähnten weißen Käppchen ausgestattet. In diesem Moment wedeln alle am Platz stehenden Menschen mit ihren Käppchen in der Luft, rufen „Vappu“ und lassen Sektkorken knallen. Damit ist der Vappu-Irrsinn eröffnet und die folgenden 36 h herrscht in ganz Finnland Ausnahmezustand. Nach der Festeröffnung spazierten wir am Hafen entlang, betrachteten interessiert die angebotenen Köstlichkeiten und Kuriositäten, die von winzigen gebratenen Fischen mit Kopf und Innereien - die wie Pommes verzehrt werden - hin zu Lakritze, in allen erdenklichen Farben und Geschmacksrichtungen reichten, bis wir endlich in der ausgelassenen Menge am Senatsplatz untertauchten und umgeben von hysterischen Schreien, ekstatischen Gesängen, Crowd Surfern und Polonaise-Tänzern, die Zeit vergasen. Irgendwann mitten in der Nacht und im noch immer anhaltenden Gewusel der Massen, trafen wir dann auf den Stufen des Doms von Helsinki auf einen Studenten der technischen Universität in Linkin Park Pop-Punk-Style und schweinchenrosa Anzug, der uns erzählte, dass die verschiedenen Farben der Anzüge, die Farbe der Fakultäten symbolisierten und die aufgenähten Sticker der kreativen Gestaltung eines jeden Individuums freien Raum lassen. Wir hatten eine angeregte Unterhaltung über die gar nicht so verschiedenen Studiensysteme in Finnland und Österreich und über finnische Wohlfahrtspolitik und brachen dann irgendwann auf um Zigaretten zu kaufen. Als wir wenig später an dieselbe Stelle zurückkehrten war er weg und an seiner Stelle saßen zwei Geschichte Studenten mit denen wir problemlos ins Gespräch kamen. Es waren schräge Typen, die als stille Vappu-Verweigerer auf alle üblichen Attribute verzichteten. Einer von ihnen hatte Krücken bei sich und war ein Militärfreak, der ständig von der russischen Besetzung Finnlands sprach und uns noch mehrmals an diesem Abend versichern sollte „I love people from eastern europe, they are strong people. Middle-european people are weak“. Der andere war ein angenehmer Zeitgenosse ­­­­­­­­­­und Bücherwurm. Später stieß ein alkoholgeschwängerter Freund zu ihnen, dessen greller Schrei schon von weitem durch die Nacht gellte. Mit ihnen verbrachten wir den Rest der Nacht in einem nahegelegenen Pub und fuhren anschließend zu Alkoholjünger Niilo nach Hause. Er war ein netter Kerl und lud uns ein bei ihm zu übernachten. Wir wachten spät am nächsten Tag auf, um uns auf den Weg zum Kaivopuisto-Park zu machen, indem am 1. Mai das große Vappu Picknick stattfindet. Auch an diesem Tag tragen alle das weiße Käppchen, das bei machen bereits gelb gefärbt ist (vom vielen Feiern oder wie Niilo sagte „the more V­­appus you have on your back, the darker is the cap“).

Am späten Nachmittag zogen Menschen-Karawanen, gezeichnet von einer langen Nacht, schleppend den Hügel des Parks hinunter und am Hafen entlang Richtung Stadt. Unter den müden Schreien, der letzten sich aufbäumenden Feiernden, legten wir uns in unserem Wohnmobil schlafen. Als wir am nächsten Tag erwachten war der Spuk vorbei, die ganze Stadt blitzeblank gereinigt, Ruhe eingekehrt und weit und breit kein einziges, weißes Käppchen mehr zu sehen.